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Liebe Yogis! Das „Mool Mantra“ ist für mich das wichtigste Mantra, das wir im Kundalini-Yoga kennen. Ich habe Jahre gebraucht, bis ich es zulassen konnte, bis ich meinen Frieden mit Gott gemacht habe und es einen Platz in meinem Herzen fand. Mein Herz war lange voller Widerstand, Wut und Enttäuschung über das Leben auf der Erde, weil ich nicht akzeptieren wollte, dass es ist, wie es ist. Das Mool Mantra heißt übersetzt Wurzelmantra und ist der Anfang und die Wurzel des JapJi Gebets. Erst meine Kundalini-Yogalehrer-Ausbildung, meine Auseinandersetzung mit dem JapJi und meine ThetaHealing Ausbildung haben „mein Verhältnis“ zu Gott Stück für Stück geheilt und ich heile weiter.

Meine liebsten Kundalini-Yoga-Mantras

Damit die Suchmaschinen meine Artikel über die einzelnen Mantras besser zuordnen können, habe ich den Namen des Mantras in den Titel des Artikels genommen. MlKYM steht für „Meine liebsten Kundalini-Yoga Mantras“. 😉

Die aktuelle Playlist aus dieser Reihe über Mantras im Kundalini-Yoga findest du hier:

Zweiter Tag Yogalehrer-Ausbildung

Bevor ich mit Kundalini-Yoga anfing, suchte ich lange nach einem Hobby, das mir Freunde machen würde und mich wirklich berührt. Mein freier Freitag mit Kundalini-Yoga wurde innerhalb weniger Wochen viel mehr als „ein Hobby“. Dieses Kundalini-Yoga öffnete in mir Türen zu Räumen, die über Jahrzehnte fest verschlossen und verrammelt waren. Es tat mir nicht nur körperlich gut, es öffnete vor allem Stück für Stück mein Herz und gab mir wieder viel Freude und eine Idee von einem tieferen Sinn meines Lebens zurück.

Als mir meine Yogalehrerin nach ca. einem Jahr einen Flyer der Kundalini-Yogalehrer-Ausbildung mit einem Zwinkern und dem Satz „Das ist doch was für dich.“ hinlegte, war meine Freude riesengroß.

Der zweite Tag der Yogalehrer-Ausbildung startete um 6 Uhr. Unser Ausbilder hatte uns grob skizziert, wie der Ablauf der morgendlichen 2,5 Stunden dauernden Yogastunde ist: JapJi lesen, Yogaeinheit und Mantras singen. JapJi sagte mir rein gar nichts, also mal schauen.

Das Mool Mantra auf dem JapJi Sahib steht wie kaum ein anderes Mantra im Kundalini-Yoga für die Einheit von Schöpfer, Schöpfung und dir.

Mein „clash“ mit Gott und Beten

Als unser Leadtrainer Kai um 6 Uhr anfing, das JapJi zu lesen, dauerte es keine 5 Minuten und schon meldeten sich in mir alte Themen, von denen ich nicht mehr wusste, dass sie noch da sind. Ich wusste damals nicht, dass dieses Gebet Teil der morgendlichen Yogaeinheit in der Kundalini-Yogalehrer-Ausbildung ist. Das JapJi ist ein Gebet der Sikhs, das vom Religionsstifter Guru Nanak geschrieben wurde und im Original in Punjabi gesprochen wird.

Wir hatten in den Ausbildungsunterlagen auch eine deutsche Übersetzung, aber ich hatte noch überhaupt keine Zeit, mir den Text mal durchzulesen (wir machten am ersten Tag bis in die Puppen Yoga und die Unterlagen hatte ich vorher nicht). So hörte ich den Text in einer Sprache, die ich nicht verstand, zum ersten Mal. Da ich aber intuitiv spürte, dass sich das hier um ein Gebet handelte, gingen bei mir alle „Alarmglocken“ an und die alten Themen vom Beten und Gott meldeten sich massiv.

Bis ich mit 15 in die Ausbildung kam, ist meine ganze Familie jeden Sonntag in die katholische Kirche gegangen. Als Kind betete ich mit meiner Mutter gerne am Abend die Kindergebete. Die Welt war in Ordnung, alles passte und ich war glücklich.

Es muss so ab meinem 12. Lebensjahr gewesen sein, als ich merkte, dass das Leben „hier“ doch nicht alles so schön und cremig ist, wie ich das als Kind wahrgenommen hatte. Es gab so viel Elend auf dieser Welt, Menschen mit furchtbaren Krankheiten, Leid und kaputte Lebensentwürfe. Menschen ohne Hoffnung, Verfolgung, Krieg und Elend, wo man hinsah. Menschen, die alles verloren hatten, wofür Generationen gearbeitet hatten und die sich aus lauter Gram darüber das Leben nahmen. Chaos, Irrsinn und Unsicherheit, wohin ich blickte.

BETEN war für mich der Inbegriff dieser gesamten Fassungslosigkeit und Ohnmacht der Menschen über diese Zustände. Ohnmacht ist Leben ohne Macht. Das Wort „Macht“ bedeutet von seiner Wortherkunft so viel wie „Können, Fähigkeit, Vermögen“1. Der Haupteindruck, den ich von der Welt hatte, war, dass der Mensch bei den allermeisten Themen des Lebens kein Vermögen, keine Fähigkeit hat, etwas zu ändern. Und die Menschen, die mehr Fähigkeiten und Vermögen (weil sie mehr Geld und Macht) haben, setzen es nur zu ihrem eigenen persönlichen Machtausbau oder der einer kleinen Gruppe „oben“ ein.

Da also das Leben, so wie es ist, für viele nicht so richtig schön ist, beten sie zu Gott. Sie bitten ihn, dass er etwas ändert, dass er ihr Leben verbessert, ihnen bei Krankheiten, in ihrer Not und ihrem Elend und dem Elend auf der Erde hilft.

Ich hatte bloß das Gefühl, dass es die letzten zweitausend Jahre nicht unbedingt wirklich besser geworden ist. Wozu dann weiter beten, wenn Gott entweder nicht zuhört oder scheinbar nichts ändert. In den bayerischen Kirchen ist Gott meist irgendwo im Deckengemälde als älterer Mann mit großem weißem Bart dargestellt, wie er von oben auf das Treiben hier „herunterschaut“. Ich habe nicht verstanden, warum er uns angeblich liebt und trotzdem scheinbar nichts macht, d.h. Beten schien mir jetzt nicht gerade wirksam zu sein, dass Gott uns wirklich hilft. So viele Kriege und Elend – auch heute noch, trotz all der Gebete.

Das Mool Mantra auf dem JapJi Sahib steht wie kaum ein anderes Mantra im Kundalini-Yoga für die Einheit von Schöpfer, Schöpfung und dir.

Und so saß ich in meiner Yogalehrer-Ausbildung am frühen Morgen, während Kai das JapJi las und mein geliebtes Kundalini-Yoga zerbröselte mit jedem Wort ein Stück weiter. Jetzt beten diese Yogis, dachte ich fassungslos. Das darf doch nicht wahr sein. Die können mich – ich bete nicht! Damit war meine Ausbildung, mein Kundalini-Yoga, das mir so viel Sinn und Freude in mein Leben zurückbrachte, pulverisiert. Den Rest der 2,5 Stunden erlebte ich wie in Trance.

Bei einem anschließenden Gespräch mit der Organisatorin der Ausbildung sagte sie mir, dass ich das JapJi nicht mitsprechen/beten muss und die Ausbildung natürlich weiter machen kann. Damit war mein Kundalini-Yoga erst mal etwas gerettet. Das Thema BETEN jedoch stand riesengroß in meinem Leben und wollte angesehen werden. Da führte kein Weg vorbei. Das „Leben“ packte mich dort, wo ich nicht ausweichen konnte oder wollte.

Ich wollte Kundalini-Yoga nicht aufgeben und meine Themen mit Gott und Beten befrieden. Da half nichts: Ich musste mir beides in aller Ruhe ansehen, damit es heilen kann.

In den folgenden Monaten las ich mir sowohl die deutsche Übersetzung als auch das Original des JapJi immer wieder durch und setzte mich mit dem Text des Gebets auseinander. Vor allem der Anfang des JapJi, das Mool Mantra, zeigte ein mögliches Bild der Welt, wie ich es nicht kannte.

Ich fand eine Aufnahme von Snatam Kaur, die ich jeden Tag auf dem Weg in die Arbeit hörte, und nach einem halben Jahr konnte ich das JapJi in Punjabi auswendig.

Das Mool Mantra auf dem JapJi Sahib steht wie kaum ein anderes Mantra im Kundalini-Yoga für die Einheit von Schöpfer, Schöpfung und dir.

Mool Mantra

Das Mool Mantra kann man in unserer lateinischen Schrift als Lautschrift wie folgt schreiben:

Im Buch „Mantras im Kundalini Yoga“ von Sat Hari Singh wird das Mool Mantra wie folgt übersetzt:

Da kommt in mir gleich Widerstand auf. Da ist wieder Gott und wie kann ich mit ihm eins sein? In meinen Schulungsunterlagen finde ich für „Ik ong kar“ die Übersetzung:

Hier wird Gott nicht explizit verwendet. Im Buch „Mantra im Kundalini Yoga“, aus dem die Übersetzung des ganzen Mool Mantras oben stammt, finde ich den ersten Satz wie folgt übersetzt:

Hier wieder Gott. Und wieder stelle ich mir die Frage, wie ich eins mit Gott sein kann? Gott ist doch weit oben und ich hier unten. Erst als ich die Videos des englischen Sikh Satpal Singh auf seinem Youtube-Kanal Nanak Naam fand, kam langsam Licht in dieses mir bisher völlig fremde Weltbild.

Ich verkürze das jetzt. Wenn dich das Thema in der Tiefe interessiert, kann ich dir mein Buch empfehlen, in dem ich meine Sicht darauf, wie ich es verstehe, detaillierter erkläre. Sobald es das Buch gibt, werde ich es hier verlinken.

Das Mool Mantra startet mit einer Zahl: Ik steht für die Zahl 1

Das ist für einen ITler schon mal ein Statement: Ein religiöser Text, der mit einer Zahl beginnt! Ik ong kar bedeutet aber in aller Tiefe „Schöpfer, Schöpfung und ich sind 1“. Es gibt keine Trennung oder Differenzierung von Schöpfer, seiner Schöpfung und mir. Alles ist in dieser 1, in dieser Singularität. Da wir alle Teil dieser Schöpfung sind, kann man auch sagen „Schöpfer = Schöpfung = alles 1“.

Damit ist der Schöpfer immer in mir und ich bin Schöpfer dieses Lebens, das ich lebe. Das bedeutet aber auch, dass wir unser Leben selbst in die Hand nehmen dürfen, ja sollen, um es auf die höchste und beste Weise im Sinn der Schöpfung und des Schöpfers selbst zu gestalten. Unser Leben ist ein sehr hohes Gut, wir können frei darüber verfügen.

Diese Freiheit im Rahmen der Naturgesetze gibt uns aber auch die Möglichkeit, dass wir es ohne die Liebe zu uns und zur gesamten Schöpfung leben. Dieses Verhalten finden wir überall auf der Welt und wenn jemand genug Macht hat, dann kann er damit sehr vielen Menschen und der Schöpfung schaden.

Vom „clash“ zur Dankbarkeit

Dies war der Teil, den ich früher immer Gott ankreidete, obwohl das Elend von Menschen fabriziert wird. Aber auch für schlimme Krankheiten, Sterben, Leid in jeglicher Form usw. war er verantwortlich: Er hat alles gemacht, uns nach seinem Ebenbild, und jetzt fühlt er sich nicht mehr zuständig?

Dabei war es mein falsches Verständnis, das mich in diesen „Clash“ mit Gott brachte. Die ganze Natur inkl. allen Lebewesen entwickelt sich eben durch Selektionsdruck. Bakterien und Viren leben hier seit Jahrmillionen genauso wie Schildkröten und Fische (uns Mensch gibt es jetzt nicht gerade so lang ;-). Sie alle wollen Leben und Überleben. Deswegen essen einige Tiere und Menschen andere Lebewesen und Pflanzen. In unserem Darm leben ca. 1,5-2,5 kg Bakterien, ohne die wir gar nicht überlebensfähig wären. So ist das hier: Es lebt überall und alles will überleben. Es ist eine Symbiose, die nur funktioniert, wenn ein gewisses Gleichgewicht herrscht. Wenn irgendeine Art den Bogen überspannt, gerät das ganze System in Schieflage, was sich auf alle auswirkt.

Dies gilt es anzunehmen und seinen Frieden damit zu machen. Dieses Leben und unser Zusammenleben haben aber auch viele atemberaubend wunderschöne Momente. Wenn du genug Bewusstsein entwickelst, ist jeder Moment einmalig, atemberaubend und wunderschön. Versuche das mal für 3 Minuten dauerhaft zu erfassen und zu erkennen. Beobachte, was du alles tust, fühlst, erfasst und wie toll das alles ist. Überlege dir, was du davon mal nicht machen konntest, weil du krank warst. Wie dankbar kannst du sein, dass du es jetzt wieder ohne Einschränkung tun kannst.

Wir Menschen haben ziemlich viele Fähigkeiten, aber leider kein Gefühl für die Zeiträume, in denen Evolution oder Schöpfung funktionieren. Und dann haben einige Menschen noch eine ziemliche Hybris – vor allem darin, glauben zu wissen, was für alle gut ist.

Der Gedanke, dass der Schöpfer untrennbar Teil von mir ist, hat in mir sofort die Distanz von „ihm“ zu „mir“ auf null schmelzen lassen. Was eins ist, hat keine Entfernung zueinander. Es verschob augenblicklich auch meine Kraft zurück zu mir. Der Gedanke, dass ich mein Leben mit den mir von der Schöpfung gegebenen Fähigkeiten selbst in die Hand nehmen darf und soll, gab mir Kraft. Es aktivierte die vielen Ideen, die in mir sind, die ich aber bisher nicht umsetzte, weil ich mein wahres Selbst nicht lebte. Das ist auch eine Bedeutung von SAT NAM.

Irgendwann kam ich auch drauf, dass dieses Leben auch sehr viel Schönes und Gutes hat und dass ich mich dafür aus tiefstem Herzen bedanken kann. Einfach Danke sagen, für alles, was mir an Liebe von so vielen Menschen, Tieren, Pflanzen über die Jahre geschenkt wurde. Ich bedanke mich beim Schöpfer, der Schöpfung, meinen Ahnen, lieben Tieren (Leo und Kira sind jetzt beide nach Hause gegangen), Lehrern und vielen anderen regelmäßig. Sie haben mir so viel mitgegeben und geschenkt.

Vor allem aber bei meinen Eltern, die mir dieses Leben geschenkt und so viel Liebe und Zeit in mich investiert haben.

Das Mool Mantra auf dem JapJi Sahib steht wie kaum ein anderes Mantra im Kundalini-Yoga für die Einheit von Schöpfer, Schöpfung und dir.

Wir segnen jeden Tag unser Essen und bedanken uns dafür bei allem und allen, dass wir ein solch wunderbares Essen haben. Du kannst aber auch aus dem Gefühl von tiefer Dankbarkeit beten.

Mool Mantra Vertonungen

Meine Lieblingsversion des Mool Mantra ist von Amrit Kirtan.

Auf Spotify:

Hier der Link zu einer mit wunderschönen Bildern aus Mexiko hinterlegten Version des Mool Mantra von Amrit Kirtan auf YouTube.

Und es gibt auch die all time classic Version des Mool Mantra von Snatam Kaur.

Auf Spotify:

Hier die Version des Mool Mantra von Snatam Kaur auf Youtube.

Resümee

Ich habe hier meinen Weg und meine Gedanken skizziert. Dieser Weg war für mich nicht immer leicht. Du hast es dir durchgelesen und vergleichst es mit deinem Glauben oder warum du vielleicht nicht mehr glaubst. Es gibt kein Richtig oder Falsch. Schau dir einfach deinen aktuellen Zustand zu diesem Thema an und schau, was in dir für Gedanken und Gefühle kommen. Gib allen Gedanken und Gefühlen ihren Platz und schau sie dir in Liebe und Mitgefühl an. Das allein kann so vieles in dir heilen.

Egal, wo du stehst und woran du glaubst: Mir sind alle Menschen im Yoga willkommen, die andere respektieren, sie lassen und sie nicht erziehen oder verändern möchten, denn das möchte ich für mich auch nicht. Jeder von uns geht seinen Weg und steht, wo er gerade steht.

Unser Programm

Inspiriert vom Mool Mantra und vom letzten Wochenende bei meinem Sat Nam Rasayan Lehrer Sven Butz starten wir mit einer Übungsreihe, die deine Toleranz stärkt. Wenn du zu dir toleranter bist, kannst du es automatisch auch zu anderen sein. Das wird dein Nervensystem spürbar entlasten und du hast Energie und Zeit für schönere Dinge, anstatt dich aufzuregen 😉 Dann machen wir eine Übungsreihe, um deine Verbindung zur Unendlichkeit zu stärken. Dein Körper ist endlich, deine Seele ist unendlich. Durch eine starke Verbindung zur Unendlichkeit bekommt dein Leben mehr Ruhe und Liebe, weil du erkennst, wer und wie du wirklich bist. So vieles ist nicht wichtig. Nach der Tiefenentspannung meditieren und singen wir zu der Version des Mool Mantras von Snatam Kaur.

Wenn du Fragen und Anregungen zum Text hier hast, kannst du gern unten einen Kommentar hinterlassen. Wenn dir der Text gefällt, freue ich mich, wenn du ihm unten 5-Sterne gibst. Das hilft anderen dabei, leichter die Inhalte zu finden, die dich und andere interessieren. Wenn dich das Thema interessiert und du deiner Seele, deinem Geist und deinem Körper etwas Gutes tun möchtest, dann melde dich jetzt einfach spontan bei mir zur kostenlosen Probestunde an. Ich freu’ mich.

Liebe Grüße — SAT NAM,
Jürgen Raj Arjan Singh

  1. https://de.wikipedia.org/wiki/Macht#Etymologie ↩︎

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