Liebe Yogis! Vielleicht bist du auch immer wieder mal in der Situation, in der du dein Denken und Handeln bewertest. Dann findest du dich mal gut und schlecht, am selben Tag. Du bewertest dich als Mensch auf der Basis von einzelnen Ereignissen und gibst dir Punkte, als wärst du ein Produkt bei Stiftung Warentest. Das führt dich immer wieder in einen Kampf mit dir und anderen. Weil „das Gute“ gut ist, soll „das Schlechte“ weg – ist doch klar. Und weil alle nur noch „das Gute“ tun, das du oder eine Mehrheit gut finden, ist eines Tages alles gut. Am Ende bleibt nur noch gut übrig und dann ist wirklich immer alles gut.
Das „nicht gute“ in dir ist aber vielleicht der Meinung, dass du es zwar schlecht findest, aber es zum Mensch sein, zur Schöpfung gehört – egal, wie du es findest. Die „nicht guten“ Menschen finden es sicher auch nicht gut, dass sie abgelehnt werden und alle sie schlecht finden, und sie Dinge machen sollen, die gegen ihre Prinzipien, ihre Werte, ihre Religion sind. Du merkst: So wird das nichts!
Die Sache mit gut und schlecht
Mir fällt gerade ein Comic aus dem Englischbuch der 5. Klasse im Gymnasium ein. Das Ganze sah in etwa wie folgt aus, nur dass die „LOVE“ Charaktere zu zweit waren.

Wieso denken wir, dass wir wissen, was wirklich gut und schlecht ist? Frag dich mal, wie du über einige Dinge in deiner Jugend dachtest, und wie du heute darüber denkst. Ich kann nur von mir sprechen, aber bei einigen Themen hat sich meine Einstellung ziemlich verändert und ich freue mich darüber sehr. Heute denke ich anders über einige Dinge, viel friedlicher. Ich konnte mich auch davon lösen, dass ich alle mir vorgesetzten „Fakten“ einfach schlucke, sie als „die Wahrheit“ anerkenne und mich für ihre „Durchsetzung“ einsetzte.
Ein gruseliges Beispiel, bei dem man meinte, etwas „Gutes zu tun“ ist für mich die Hexenverfolgung. Dieser Artikel auf jurios.de beleuchtet die Hexenverfolgung aus juristischer Sicht und ist absolut lesenswert. Der Abschnitt „Lehren für die Zukunft?“ zeigt, wie aktuell das Thema immer bleibt. Wir hatten das eigentlich in der Schule gelernt: These, Antithese, Synthese. Aber wie Gerhard Polt mal sagte: „Wir brauchen keine Opposition – wir sind schon Demokraten!“
Ich wusste ab Anfang 20 in vielen Dingen schon ziemlich gut, was gut und was nicht gut ist. Klar hatte ich dafür auch jede Menge gute Gründe, ich war analytisches Denken gewohnt. Da kommt das nicht einfach aus dem Bauch, da weiß man, warum man eine Meinung vertritt und weiß damit auch, was gut und schlecht ist. Mir war klar, dass nicht alle so schlau sein konnten, dass sie es auch richtig sehen… Asche auf mein Haupt.
„Wer schlecht über andere redet, hat nichts Gutes über sich zu sagen.“
Das Ergebnis war, dass ich ziemlich scharf in Gedanken und Wort sein konnte (irgendwie wollte ich wohl meine mangelhafte Athletik kompensieren). Scharf – sowohl mir als auch anderen gegenüber. Aber was blieb mir auch übrig: Wenn andere einfache Dinge nicht kapieren, die sonnenklar sind, dann muss man eben etwas klarer sein.
Kurz: Wo ich mir früher mit einigen Dingen absolut sicher war, habe ich heute oft eine ganz andere Einstellung dazu. Ist meine neue Einstellung jetzt gut oder schlecht?
Woher weißt du, ob gut oder schlecht?
Woher wissen wir eigentlich, ob etwas gut oder schlecht ist? Weil wir schon als Kind mit den Wertvorstellungen der Eltern, der Schule, im Studium, der Ausbildung, der Gesellschaft, den Medien, einer Religion u.v.a aufgewachsen und programmiert wurden und werden.

Gut gegen schlecht?
Gut gegen schlecht in Bezug auf andere: Jetzt triffst du jemanden, der von ganz woanders her kommt. Ein Land, indem andere Wertvorstellungen gelten und es eine ganz andere Religion gibt. Man zieht immer die Menschen an, die einem die eigenen Themen spiegeln. Deshalb wird dieser Mensch sicher einige Haltungen, die du gut findest, schlecht finden und umgekehrt.
Gut gegen schlecht in Bezug auf dich: Wenn du dein Denken und Verhalten schlecht akzeptieren kannst, du immer wieder zwischen starker Selbstkritik und ich bin eigentlich einigermaßen okay hin- und herbewegst, dann wird dein Tag ziemlich spannend. Spannend im wahrsten Sinne des Wortes, denn es ist wie die Spannungsmessung in einem Wechselstromnetz: Die Amplitude schisst nach oben und dann gleich wieder nach unten. Da ist in dir immer etwas los. Ruhe und Frieden sind in dir dann nur selten zu Hause.
Ständiges Bewerten: Gut oder schlecht
Leider wurde uns nicht beigebracht, wie wir mit Problemen in unserem Leben umgehen können. Wir haben nie wirklich gelernt, welche Methoden es gibt, an uns zu arbeiten und mit inneren und äußeren Konflikten umzugehen. Wie wir uns friedlich und liebevoll ansehen können, um dann aufbauende, positive, ermunternde Veränderungen in unserem Leben zu integrieren. Dafür erinnere ich mich noch genau an alle Einzelheiten im Fach Erziehungskunde in der Hauptschule. Es hat mir unheimlich viel gebracht! (Von Hauswirtschaft und Schreibmaschine profitiere ich allerdings noch heute 😉

Wir haben schon früh durch die Schule gelernt, dass wir benotet und damit bewertet werden: gut oder schlecht. Gut und schlecht sind aber nicht wie Farben. Es gibt viele Farbtöne – da gibt es keine Bewertung. Es gibt höchstens persönliche Präferenzen und natürlich auch gesellschaftliche: Geh mal mit einem gelben Anzug auf eine Beisetzung. Das werden viele nicht verstehen, auch wenn der oder diejenige sich das vielleicht sogar gewünscht hat, dass sich heute alle freuen und sich positiv und voller Freude an sie/ihn erinnern. Einige werden hier schnell mit einem „unmöglich“ oder „schlecht“ bei der Hand sein. Vieles passt einfach nicht zum Denken und Verhalten, mit dem wir programmiert wurden.
Ständiges Bewerten: Das Ergebnis
Die Noten in der Schule, in der Ausbildung, im Studium und anschließend bei der Jahresbewertung durch deinen Chef haben dir gezeigt, wie und wer du bist: wo du gut bist und wo schlecht. So bist du eben: Einige Eigenschaften von dir sind eben gut und andere sind schlecht. Das sind Fakten! Da gibt’s nichts drüber zu reden. Das sind deine Ergebnisse! Eine Zahl lässt keinen Spielraum zu und eines Tages denkst du so für dich: „Ja, so bin ich.“ oder „Das bin ich.“

Und so fügen wir uns mit der Zeit ein und identifizieren uns mit diesen Attributen. Sie werden ein Teil von uns und wir definieren uns auch noch selbst darüber. Hat das vielleicht mit Anerkennung zu tun? Woher kommt die Anerkennung? Korrekt: von außen …
Und wie wir es gelernt haben, so wenden wir es auch bei uns an. Dinge gelingen und wir finden uns gut und andere Sachen klappen überhaupt nicht und wir halten uns für schlecht und lehnen uns dafür ab. Gut und schlecht – hin und her. Damit werden wir auch zum Spielball unserer Umwelt.
Je nachdem, wie wir belastet werden, so fühlen wir uns. Du fühlst dich durch die Arbeitsbelastung völlig überlastet und damit schlecht. Dein Kopf sagt dir gleich, dass du nicht belastbar bist und dein Chef sagt dir noch, dass du zu viele Fehler machst und er mit dir nicht zufrieden ist – das gibt keine Gratifikation. Wir werden dadurch steuerbar und du verlierst auch noch dein stabiles Fundament: Dein Selbstvertrauen. Du wirst ein Spielball. Du gibst dein Bestes, aber fühlst dich schlecht und hast Stress.
Und wie wir uns aus Gewohnheit heraus bewerten, so bewerten wir schon bald auch andere. Ein Verhalten passt uns und wir finden denjenigen gut und dann macht er auf einmal das und wir schütteln nur noch den Kopf und fragen uns, wie wir das nicht erkennen konnten. Dieser Mensch ist offensichtlich ein miserabler Charakter. Er hat uns jahrelang etwas vorgemacht, hat uns betrogen, denn er ist ohne Zweifel gar nicht gut.
Nein, das können wir in dieser sich ständig selbst optimierenden Gesellschaft nicht akzeptieren. Wer nicht auf der guten Seite stehen will, gehört nicht mehr dazu. Oups. Schon wieder? Spätestens jetzt wird’s in dir selbst ziemlich ungemütlich. Schon wieder bei den „Falschen“?
Toleranz
Toleranz ist in erster Linie dein toleranter, liebevoller Umgang mit deinen eigenen Themen. Beobachte, wie liebevoll und friedvoll du mit deinen eigenen Kritikpunkten und „abweichenden“ Ansichten anderer umgehst. Jeder von uns ist voller offener Themen. Ein Problem wird aus deinen Themen erst, wenn du sie mit gut und schlecht bewertest und du dich dann gegen dich selbst richtest (ein Gericht richtet auch).
Themen an sich sind notwendig, denn wir brauchen das, um unseren Standpunkt immer wieder neu zu finden und uns zu entwickeln. Unseren Standpunkt zu Themen in Bezug auf uns, unsere Entwicklung, aber auch in Bezug auf die Denkweise der aktuellen Gesellschaft. Und die gesellschaftliche Denkweise hat sich allein in Deutschland immer wieder massiv verändert. Hör dir einfach mal „Der Untertan“ von Heinrich Mann an. Das ist noch keine 200 Jahre her und danach kam auch noch so einiges Gutes, bei dem irgendwann fast jedem schlecht wurde. Viele der deutschen gesellschaftlichen Entwürfe wurden komischerweise meistens nach gar nicht so langer Zeit schlecht. Wann hört das auf? Wenn die nächste richtig gute Gesellschaft definiert wird?
Du merkst: Dieses Gut und Schlecht ist für dein persönliches Seelenleben und auch deine Entwicklung in Frieden ein verbesserungsfähiges Konzept.
Als Alternativen für das ständige Bewerten kann ich dir zwei unterschiedliche Methoden empfehlen: Tugenden und die Lehren des Patanjali.
Tugenden
Mit Tugenden hatte ich vor meiner ThetaHealing Ausbildung keinen Kontakt. Für mich hatte das immer einen alten Geschmack. Ich suchte damals die Lösung vieler Fragen in der Philosophie. Jetzt ist die Philosophie oft sehr allgemein oder generell gehalten, wodurch sich nicht leicht alternative Handlungsempfehlungen für ein liebevolles sinnerfülltes Leben ergeben. Nicht mal der Kategorische Imperativ von Kant ist da ein „Swiss-Knife“ für alle Fragen im Leben.
„Ich finde, Sie sollten etwas geduldiger werden!“
„Dauert das lang?“
Im ThetaHealing geht man davon aus, dass wir Seelen hier sind, um u.a. einzelne Tugenden vollständig zu verstehen und in unser Leben und damit auch für alle zu integrieren. Es kann also sein, dass du dir in diesem Leben vorgenommen hast, die Tugenden Achtsamkeit, Aufrichtigkeit und Ausdauer zu erlernen. Es geht nicht darum zu wissen, was die Tugend im Einzelnen bedeutet, sondern dass du dein Denken und Leben nach diesen Tugenden ausrichtest und das Wesen dieser Tugenden vollständig integrierst. Tugenden sind kein altmodischer Ballast, wie ich das früher gesehen habe, sondern ein wunderbar leichter Wegweiser hin zu einem friedvollen, erfüllten, liebevollen Leben.
Eine Liste mit 76 Tugenden findest du auf der Seite von Sternenvogelreisen.
Mein Vorschlag: Lese dir die Liste in aller Ruhe mal durch und schau, welche drei Tugenden dich anspringen. Wenn du mehrere wichtig findest, dann schreib sie dir auf und überlege dir dann, welche dir besonders wichtig sind. Schreib dir die drei auf Post-it-Zettel, sodass du sie immer wieder ansiehst und lass sie auf dich wirken. Deine Seele wird dir zeigen, warum die von dir gewählten Tugenden für dich in diesem Leben so wichtig sind und wie sie dich unterstützen können. Wie das geht?
Verbinde dich mit deinem Atem, wenn du es bei mir im Kundalini-Yoga gelernt hast, baue einen meditativen Raum auf und frage dich still, warum eine bestimmte Tugend für dich in diesem Leben so wichtig ist. Und dann hör zu, was für Antworten kommen. Deine Seele spricht immer voller Liebe und Verständnis zu dir. Daran kannst du erkennen, ob es dein Geist oder deine Seele ist, die antwortet.
„Freundschaft – Eine Seele in zwei Körpern.“ (Aristoteles)
Wenn du die Liste der Tugenden durchgehst, dann schau auch, welche Tugenden du vielleicht schon gemeistert hast und freue dich, dass sie in dir keine Reaktion mehr auslösen, sondern du mit ihnen im Frieden bist und wie sie dir dienen. Durch die Beschäftigung mit Tugenden lernt man sich auch besser kennen. Sie beleuchten viele Facetten deines Charakters und deines Lebens. Viel Freude.
Patanjali
Die Sutren des Patanjali sind ca. 2000 Jahre alt. Sie wurden von einem Weisen verfasst und sind so etwas wie Empfehlungen für ein glückliches Leben, ohne Gut und Schlecht. Darunter sind die acht Glieder des Yoga, die in zwei Gruppen (Yamas und Niyamas) unterteilt sind. Diese sind:
Yama (Moral)
- Ahimsa (Frieden, Gewaltlosigkeit)
- Satya (Wahrhaftigkeit)
- Asteya (Nicht stehlen, Begierdelosigkeit)
- Brahmacarya (Sinnesentlastung)
- Aparigraha (Zügelung der Begierde, des Besitzes)
Niyama (Selbstdisziplin)
- Shauca (Reinheit)
- Santosha (Zufriedenheit)
- Tapas (Enthusiasmus)
- Svadhyaya (Selbstbeobachtung)
- Ishvarapranidhana (Hingabe an den Herrn, ich würde Schöpfer/Schöpfung sagen)
Die Yamas und Niyamas sind, wie ich finde, weise Empfehlungen, wie wir Stück für Stück zu mehr Lebensfreude und Ordnung in unserem Leben kommen. Das Ganze ist überhaupt nicht abgehoben, sondern sehr praktisch und konkret. Gerade das Buch „Patanjalis 10 Gebote der Lebensfreude: Yoga-Philosophie für ein erfülltes Leben“ von Birgit Feliz Carrasco, bricht das anhand von leichten Übungen sehr praktisch herunter.

Es wird dich über das Gut und Schlecht hinaus weiter bringen. Ich werde in der nächsten Zeit immer wieder mal über ein oder zwei der Yamas und Niyamas im Detail schreiben.
Zusammenfassung
Wenn du eines Tages genug davon hast, dich in ständigen Ver- und Beurteilungen von dir und anderen wiederzufinden, benötigst du eine alternative Denkweise. Dieses einfache Gut und Schlecht ist nicht dazu geeignet, dich und die Welt zu befrieden.
Persönlich kann ich dir nur empfehlen, dich sowohl mit den Tugenden und Patanjali etwas zu beschäftigen, um einen neuen Weg mit mehr Lebensfreude für dich zu etablieren.
P.S. Als ich nach der passenden Überschrift für diesen Artikel suchte, kam auf einmal das Wort „Adieu“, das ich sonst eigentlich nie nutze. Beim Nachschlagen bei Wikipedia fand ich heraus, dass es den gleichen etymologischen Ursprung wie drei sehr bekannte Abschiedsformen hat: Tschüs, Ade und ¡Adios! (Hat mich gleich an meine Zeit in Spanien und Victor Manuel mit seiner wunderbaren Stimme erinnert.). Adieu setzt sich aus den beiden französischen Wörtern „à“ (bei) und „dieu“ (Gott) zusammen, d.h. es bedeutet in etwa „zu Gott hin“. Persönlich würde ich aber lieber „mit der Schöpfung als Teil der Schöpfung“ sagen.

Unser Programm
Passend zum Thema habe ich zwei schöne Kriyas gefunden. Wir starten mit einer Übungsreihe gegen Negativität. Sie wird dir dabei helfen, wieder ein Stück aus dem ständigen Bewerten von dir und anderen herauszukommen. Die zweite Übungsreihe stärkt deine Krankheitsabwehr und dein Herz und ist sehr beruhigend. Nach der Tiefenentspannung arbeiten wir dann daran, deine Distanziertheit zu stärken. Du bist Teil der ganzen Schöpfung, aber du musst dir nicht über alle und alles Gedanken machen. Viel wichtiger ist es, dass du bei dir und in der Ruhe und Klarheit bleibst, denn damit kannst du allen viel besser dienen.
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Liebe Grüße — SAT NAM,
Jürgen Raj Arjan Singh